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submitted 2 weeks ago by Novocirab@feddit.org to c/dach@feddit.org
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[-] valentinesmith 22 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago)

Cool, dass du den Artikel geteilt hast. Finde ich ist ein guter Artikel für Unterhaltung.

Ich bin sehr zwiespältig zu dem Artikel. Ich mag die Idee, dass Polarisierung zu weit geht und dass echte Neutralität etwas Wichtiges ist. Das es nicht darum geht in allen journalistischen Formaten einfach nur noch die vollkommenen Extreme einzuladen. (das ist aber natürlich toller content - wuhuuu content!) Dass man feinfühlig sein sollte und auch Polarisierung frühzeitig erkennen sollte und auch einige social media die auf reine Polarisierung abzielt eher meiden sollte.

Es hat für mich aber auch ein ganz klares „centrist mindset“ Geschmäckle. Es wird schon darauf eingegangen als Beispiel, dass man gerne allen Wohnungen geben will, aber es gibt ja nicht genug für alle. Und dass man dann eher empathisch zuhören sollte ohne unbedingt zu fragen, was man tun kann. Verstehe ich, würde ich auch gerne so sehen, ich habe dennoch das Gefühl, dass es einfach gesellschaftliche Themen gibt, wo man schon mehr machen muss als nur: „oh nein ich wünschte es wäre anders für uns alle :)“. Also viele Themen, die auch hier für Demokratie gerühmt werden, wurden halt erkämpft. Frauenwahlrechte als eines der klassischen Beispiele. Natürlich entwickelt sich da auch eine „stille Mehrheit“, die dann eher dafür ist, aber so eine Bewegung und ihre Erfolge leben natürlich davon dass es wirklich Pusher gibt. Dass wir einen Diskurs haben wo auch Positionen herausgearbeitet werden. Auch das gebrachte Beispiel mit der Ukraine und den vorhanden Spannungen, natürlich wichtig, dass man ein Land nicht einfach spaltet in zwei Lager. Toll wenn man nicht ein Schwarz-Weiß erzwingt, aber ich finde die Idee, dass mehr Neutralität dann alles lösen wird auch etwas reduktiv. Es erinnert mich sehr an Psychotherapie Ansätze wo die Prämisse immer ist, dass Patienty ein Problem hat und dieses losgelöst von Umfeld oder Kontext lösen sollte/könnte.

Vielleicht bin ich da einfach zu links für (?), aber das finde ich einfach nicht richtig. Gegen zu wenig Wohnungen kann man was machen als Gesellschaft. Gegen Klimawandel kann man was machen als Gesellschaft. Während der Pandemie hätte man mehr machen können, um uns alle vor den Konsequenzen der Maßnahmen mehr zu schützen. Privat/persönlich ist das aber jenseits meines Aktionsspielraumes auch wenn ich damit persönlich mit den Konsequenzen umgehen muss.

Wie gesagt zwiegespalten. Ich find den schwarz-weiß Diskurs schlecht. Das overton Fenster verschiebt sich dadurch auch einfach nur weiter, ich sehe hier schon einen Weg um das vielleicht besser anzugehen.

[-] Quittenbrot@feddit.org 6 points 1 week ago

ich habe dennoch das Gefühl, dass es einfach gesellschaftliche Themen gibt, wo man schon mehr machen muss als nur: „oh nein ich wünschte es wäre anders für uns alle :)“.

Darum schreibt Brandsma ja auch:

Insgesamt ist Polarisierung eine dynamische Bewegung. Sie kann gesund und demokratisch sein. Aktivisten fordern den Status quo heraus, was oft nötig ist. Wir brauchen Menschen wie Nelson Mandela, auch wenn sie Pusher sind. Aber wie die Geschichte zeigt, bewegen wir uns auf einem schmalen Grat.

Man muss also überhaupt nicht zu allem neutral sein und kann und sollte durchaus den Status quo herausfordern. Wovor er warnt, ist jedoch, wenn daraus eine derart zugespitzte Polarisierung wird, bei dem aus dem Gegenüber ein Feind wird, dem man nicht mehr zuhören muss, den man verbal bedrohen oder sogar körperlich Gewalt antun darf. Sprich: in dem Augenblick, wo man anfängt, die andere Seite gezielt zu dämonisieren.

Vielleicht bin ich da einfach zu links für (?), aber das finde ich einfach nicht richtig. Gegen zu wenig Wohnungen kann man was machen als Gesellschaft. Gegen Klimawandel kann man was machen als Gesellschaft. Während der Pandemie hätte man mehr machen können, um uns alle vor den Konsequenzen der Maßnahmen mehr zu schützen.

Klar. Die Frage ist halt nur, wie man es macht als Gesellschaft. Akzeptierst du, dass auch die Gegenseite mitunter schlüssige Argumente haben kann, obwohl sie nicht deinen entsprechen, und willst konstruktiv mit ihr arbeiten, oder gibt man sich der süßen Versuchung des polarisierten Diskurses hin, in dem es einfach nur noch um den blanken Kampf "Wir" gegen "Die" geht?

[-] valentinesmith 6 points 1 week ago

Danke Quittenbrot,

ich hab offensichtlich einiges der Nuance nicht in dem Artikel mitgenommen. Danke fürs Aufzeigen

[-] hsdkfr734r@feddit.nl 12 points 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago)

Ich glaub... Wenn man bei einem beinah beliebigen Thema nur schwarz oder weiß sieht, hat man sich dieses nicht genau genug angeschaut - sonst wird es automatisch nuancierter. Oder man ist zu emotional investiert und will es nicht anders sehen. Oder die eigenen Glaubenssätze (identitätsstiftende Überzeugungen) verbieten es einem.

Vorgefertigte Meinungen und Bauchentscheidungen machen die Welt leichter verdaulich. Das Leben ist kompliziert genug, auch ohne dass man seine Ansichten jedes mal hinterfragt. Das kann man ja ab und an dennoch versuchen, wenn man Luft hat.

Hab den Eindruck das Interview dreht sich mehr um Berichterstattung und Narrative bei polarisierenden Themen. Und um Menschen die dieselben propagieren. Vermutlich aus ganz unterschiedlichen Motiven heraus.

[-] Saleh@feddit.org 7 points 1 week ago

Polarisierung: Bist du Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Der Autor offenbar ja.

[-] Tonuka@feddit.org 1 points 1 week ago

Das ist so offensichtlich Absicht

[-] plyth@feddit.org 2 points 1 week ago

Das können wir ausprobieren:

Worauf hoffen wir gemeinsam?

[-] WalterLego@lemmy.zip 4 points 1 week ago

Steigende Reallöhne, bezahlbarer Wohnraum, kein Klimakollaps.

[-] plyth@feddit.org 1 points 1 week ago

Als nächstes müssen wir die Dilemmata dazu in Worte fassen.

[-] regdog@lemmy.world 4 points 1 week ago

Keine FDP mehr im Bundestag

[-] WalterLego@lemmy.zip 2 points 1 week ago

Das ist zu polemisch. Was macht die FDP, was du nicht möchtest?

[-] regdog@lemmy.world 3 points 1 week ago

Nein, wenn wir über die FDP reden dann ist das genau das richtige Maß an Polemik.

Die sollen auch mal richtig Arbeiten gehen.

[-] Elchi@feddit.org 1 points 1 week ago

„Nur ein Sith kennt nichts als Extreme.“

- Jesus

[-] flora_explora@beehaw.org 1 points 1 week ago

Hm, weiß nicht, finde einige Aussagen in dem Text nicht ganz so treffend. Irgendwie scheint mir die Analyse zu stark runtergebrochen und vereinfacht, als dass sie wirklich hilfreich wäre. Und das hört sich dann nach dieser vermeintlichen zentristischen Neutralität an, die sehr gerne ihre eigene Mitwirkung verschweigt.

Ich glaube, was viel treffender wäre als was dieser Mensch meint, wäre doch, inwiefern Menschen Komplexität zulassen können bzw inwiefern ihre eigene Positionierheit komplex ist.

Wissenschaftler sind das beste Beispiel für Menschen der Mitte. Sie glauben an Fakten. Wenn man das bedenkt, dann sind die USA in einer sehr gefährlichen Lage.

Nee, das stimmt mMn nicht. Das ist vielleicht in der Tendenz so, es gibt aber doch grundsätzlich sehr verschiedene Menschen, die in der Wissenschaft arbeiten. Aber was hier wohl zum Ausdruck gebracht werden soll, ist, dass es eben darum geht, dass die Position der Mitte eben Komplexität zulässt, so wie eben viele Wissenschaftler:innen (weil es nun mal tendenziell schwerer ist ein schwarz-weiß Denken zu haben, wenn man sich tiefergehend mit einer Thematik beschäftigt).

Ein anderes Beispiel aus der Geschichte sind die 1930er-Jahre in Deutschland: Menschen mussten einen Ariernachweis erbringen. Solche Maßnahmen spalten die Gesellschaft absichtlich. Entweder du machst mit – dann bist du »auf der richtigen Seite«, oder du verweigerst – dann bist du »anders«. Jüdinnen und Juden konnten diesen Nachweis natürlich nicht erbringen. Sie wurden zu Sündenböcken gemacht.

Und hier finde ich, zerbricht das Bild von den "Pushern", "Joinern" und den "Brückenbauern". Denn jetzt machen diese Positionen doch nicht so viel Sinn, oder? Also alle Menschen, die gegen einen Ariernachweis waren, sind auch "Pusher" und "Joiner" gewesen, nur auf der anderen Seite?? Und dass die Gesellschaft von strukturellem Antisemitismus durchzogen ist und die "Mitte" eben auch davon betroffen ist, ignorieren wir für das Bild dann auch? Inwiefern ist es also hilfreich, das Bild von "Pushern" etc zu verwenden, um das zu analysieren? Das Beispiel wird ja vom Autoren selber angebracht, aber eben nicht ausreichend beleuchtet.

Aber auch die Linke ist heutzutage nicht unschuldig. Sie verwendet zivilisiertere Sprache, dämonisiert aber ebenfalls Menschen, die nicht vollständig »auf ihrer Seite« stehen.

Da ist sie, die zentristische "Neutralität", der es nur darum geht, den Status Quo aufrechtzuerhalten auch auf kosten von marginalisierten Menschen. Mir ist schon klar, dass es immer ein paar Menschen geben wird, die dumme Parolen raushauen werden und Diskurse auf für oder gegen runterbrechen. Aber kann man das der Linken momentan wirklich vorwerfen? Oder ist das nicht das ewig wiederkehrende Machtspiel der gesellschaftlichen Mitte, jegliches progressives Aufbegehren kleinzumachen und zu bevormunden.

Aber es gibt doch durchaus Gesellschaften, die einen Weg zurückgefunden haben. Deutschland nach dem Nationalsozialismus oder Ruanda nach dem Genozid. Heute leben die Menschen wieder Seite an Seite; es gab Versöhnungsprozesse.

Neeee, das hat er nicht gesagt, oder?? Das ist eben genau diese Einstellung, dass solange es eine stabile Mitte gibt, alles gut ist. Scheiß auf all die Menschen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Sichtbares jüdisches Leben steht oft auch heutzutage noch unter Polizeischutz? Sintizze und Romnja wurden nie wirklich entschädigt und ihre gesellschaftliche Diskriminierung wurde kontinuierlich aufrechterhalten? Andere marginalisierte Gruppen wurden auch nie ausreichend entschädigt, erinnert, gewürdigt? Die wenigen Versöhnungsprozesse, die es gab, waren doch wohl eher Lippenbekenntnisse. Und marginalisierte Menschen müssen sich weiterhin damit abfinden, wie Dreck behandelt zu werden.

In Amsterdam gab es Ausschreitungen nach einem Fußballspiel zwischen randalierenden Fans von Maccabi Tel Aviv und Jugendlichen, die »Juden jagen wollten«, wie sie es nannten. Das war ein Moment von extremem »Wir gegen die«-Denken, der in Gewalt ausartete. Nach so einem Vorfall muss man sich in der Stadtverwaltung fragen: Wie heilen wir diese Situation? Wie bestrafen wir nicht nur die Täter, sondern lindern auch die Wunden – auf beiden Seiten?

Ha? Ist diese Person wirklich so sehr gegangen im eigenen Bild, dass sie nicht erkennt, dass genau solche Vorfälle eben nicht einmalige "Situationen" sind? Es ist ein strukturelles Problem, wo wir alle beteiligt sind und sich die Gesellschaft von Grund auf ändern muss.

Die Demokratie ist nicht perfekt, aber alles, was wir brauchen, ist schon da. Wir brauchen Vertrauen in das System und professionelle Neutrale, die ihre Rolle differenzierter wahrnehmen, als es viele im Moment tun.

Wieso sollte man bitte in ein System vertrauen, das sich jahrzehntelang an der Unterdrückung von Menschen beteiligt, massiv Gewalt gegenüber marginalisierten Menschen ausübt, Menschen in der Armut gefangenhält und jeden Versuch des Wandels im Keim erstickt? Das ist doch von Grund auf das Problem, dass wir eben in so einem scheiß System leben und dieses eben ändern müssten. Nicht, dass wir uns nur damit arrangieren müssen und es dann magisch allen Menschen plötzlich gut geht.

Das Dilemma der Mitte lautet oft wie folgt: Wir sehen uns als offene Menschen. Wir wollen Menschen in Not aufnehmen. Das ist ein Wert, der uns wichtig ist. Aber gleichzeitig gibt es zu wenig Wohnungen.

Das Dilemma ist vielmehr, dass sich Menschen als "gut" sehen wollen, aber von ihrem Wohlstand und ihrer Macht nichts abgeben wollen, wir aber im Kapitalismus alle miteinander konkurrieren. Das kann dann doch nur zur Spaltung führen. Und es führt zu dieser Doppelmoral der Mitte, die sich gleichzeitig eben als gute, vernünftige Menschen sehen, die aber die ganze Zeit unbewusst Gewalt ausüben. Ich glaube, in diesem Dilemma ist dieser interviewte Mensch auch noch gefangen. Denn sowohl appelliert er an Empathie mit anderen Menschen, aber eben auch an Aufrechterhaltung der aktuellen Verhältnisse, die dann aber auch Unterdrückung von anderen einschließen.

Wenn Sie sich mit der Mitte beschäftigen, seien Sie nicht nur rational. Natürlich auch nicht irrational, aber zeigen Sie Empathie. Empathie bedeutet: aus der Perspektive des anderen schauen. Seien Sie nicht lösungsorientiert, versuchen Sie lieber, das Dilemma in Worte zu fassen. Das ist sehr konstruktiv. Suchen Sie nicht nach Rationalität oder Objektivität, versuchen Sie lieber, unabhängig zu sein. Sie können etwas zu dem Thema fühlen, eine Meinung haben, aber Sie können Führung zeigen, indem Sie Menschen nicht fragen: »Was brauchst du?«, sondern »Wonach sehnst du dich?«, »Worauf hoffen wir gemeinsam?«.

Ich stimme dem prinzipiell zu, also dass es sicherlich besser ist, empathisch auf Menschen zuzugehen und zu schauen, warum sie gewisse Positionen beziehen. Denn das wird ja viel ausgenutzt, dass Menschen gewisse Ängste und Probleme haben und diese dann so instrumentalisiert werden, dass sie auf gewisse Bevölkerungsgruppen projiziert werden. Da würde es sicherlich nicht helfen, lösungsorientiert den Ängsten und Problemen nachzugehen, sondern eine gewisse Empathie mitzubringen und diesen Menschen langsam verständlich machen, dass diese Ängste eben von woanders her stammen. Gleichzeitig gibt es ja aber auch viele Menschen, die Ängste und Probleme haben, die sehr wohl einen konkreten Auslöser haben, der als solcher identifiziert werden kann. Und da würde mehr lösungsorientiertes Verhalten ja auch helfen. Ich finde, das bestätigt auch meinen Eindruck von dem Autoren, dass er nicht wirklich an einer Besserung der Verhältnisse interessiert ist, sondern vor allem an einer Schlichtung und dass sich eben alle mit ihrer Position in der Gesellschaft abfinden.

[-] Random_German_Name@feddit.org 1 points 1 week ago
this post was submitted on 13 Aug 2025
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