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submitted 1 day ago* (last edited 1 day ago) by federalreverse@feddit.org to c/dach@feddit.org

Ich bin vor Kurzem zufällig beim Twitterkonto von Yanis Varoufakis vorbei gestolpert. Und da habe ich eine Rede gelesen, die er vorm EU-Parlament gehalten hat. Es stand leider nicht da, wer ihn eingeladen hat (hat MERA25 überhaupt Sitze im Parlament?).

In seiner Rede scheint mir mindestens an der Stelle, wo Russland als Gefahr stehen sollte, eine große Lücke zu sein. Den Rest kann ich nicht hinlänglich zureichend bewerten.

Vielleicht kann mir ja jemand von euch helfen, das einzuordnen & mir sagen, ob MERA25 letztlich nur eine weitere Front im russischen Propagandakampf ist.

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[-] Saleh@feddit.org 5 points 1 day ago* (last edited 1 day ago)

Militärausgaben sind "Konsumausgaben". Würde man das Geld stattdessen in Investitionen stecken, z.B. erneuerbare Energien oder Straßen, generieren diese auch Rückflüsse oder unterstützen Wachstum. Dann kann man auch argumentieren, dass die Schulden durch Wachstum wieder rausgeholt werden. Das trifft bei Militärausgaben nicht zu.

Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen alle Militärausgaben, aber sie müssen im Rahmen des notwendigen und machbaren sein. Das sehe ich bei 5% BIP nicht. Wie gesagt, dass macht bei uns ca. 40% vom Bundeshaushalt.

Gleichzeitig würden wir uns mit mehr erneuerbaren Energien von Energieimporten unabhängig machen und die Finanzierung der russischen Kriegskasse beenden. Die EU Staaten haben mehr Geld an Russland bezahlt seit der vollen Invasion in 2022 als an die Ukraine. So lange dieses Problem nicht gelöst wird, finanzieren wir die Aufrüstung auf beiden Seiten, anstatt Russland die Finanzierung zu entziehen.

Joa. Das ist ein Argument, demzufolge wir eigentlich nur noch politischen Stillstand oder noch besser die Rückabwicklung aller militärischen und zivilen Infrastrukturen befürworten sollten - ansonsten wird das alles ja in vier Jahren den Faschos von der AfD in die Hände fallen.

Oder wir finanzieren Investitionen in Infrastruktur und soziale Sicherheit und entziehen damit der AfD den Nährboden. Aber im Neoliberalismus ist das undenkbar.

Diesen Defätismus würde ich mir nicht zueigen machen

Der Defätismus besteht gerade darin, dass man eine Aufrüstung und denb drauf folgenden Krieg als gegeben annimmt, anstatt die Bedingungen zu schaffen, dass es garnicht dazu kommt.

Wir brauchen jetzt eine einsatzfähige Bundeswehr um Abschreckung zu leisten, damit wir unsere Demokratie nicht äußeren Feinden ausliefern. Gegen die Feinde im Innern müssen wir anders vorgehen.

Während uns die inneren Feinde auffressen. Die Entwicklungen der letzten Monate und Jahre hast du doch auch verfolgt. Und den Fokus auf den äußeren Feind zu lenken, um innen die Demokratie zu zerstören ist ein Standardmanöver von Autokraten. Putin, Orban, Erdogan, Trump... um nur die aktuellen Beispiele zu bemühen. Wenn es keine innere Bedrohung gäbe, wäre das Argument vielleicht nachvollziehbar, aber die Bedrohung ist jetzt aktuell jeden Tag daran, die Demokratie in Deutschland abzubauen.

Das "andere Vorgehen" gegen die inneren Feinde ist ziemlich klar siehe oben. Es müssen notwendige staatliche Investitionen geleistet werden, die wegen den Militärausgaben dann nicht mehr geleistet werden. Weil Resourcen nicht unendlich sind, stehen diese beiden im Zielkonflikt miteinander.

Die würde dann übrigens auch in vier Jahren niemand dran hindern, für ein faschistisches Deutschland aufzurüsten

Wenn man ihnen das Land auf dem Silbertablett überreicht nicht. Wenn man dagegen antifaschistisch vorgeht, dann kommen sie nie dazu.

Es ist nebenbei auch nicht nur Russland, das uns außenpolitisch bedroht.

We bedroht uns denn militärisch? Wir werden unseren wirtschaftlichen Wettbewerb mit China jedenfalls nicht dadurch durchalten, dass wir Panzer kaufen anstatt in Zukunftstechnologien zu entwickeln.

[-] torrentialgrain@lemm.ee 5 points 23 hours ago* (last edited 23 hours ago)

Ich glaube hier gibt es ein extrem grundlegendes Verständnisproblem. Wir investieren nicht in die Bundeswehr, um Kriege zu führen, sondern um eben um keinen Krieg zu führen.

Du argumentierst aus einer Perspektive, die historisch gesehen absolut falsch ist. Wenn es eine Lehre gibt, die uns Historiker aus den Jahrtausenden der menschlichen Kriegsgeschichte aufzeigen, dann ist es dieser:

Schwäche gibt expansionistischen Imperien die Möglichkeit, ihre Einflusssphäre und/oder ihre Ländergrenzen zu erweitern.

Stärke dagegen wirkt abschreckend.

Und ganz ehrlich, ich kann deiner Logik schlicht nicht folgen. Du sagst, wir sollen uns nicht in die Lage versetzen, uns gegen einen Aggressor wie Russland zu wehren, weil uns die inneren Feinde von innen auffressen? Wie schon gesagt müssen wir etwas gegen beides tun, Panzer bauen gegen russischen Faschismus und mit aller Härte des Rechtsstaats zuschlagen gegen den blauen Faschismus.

Wenn wir das nicht können, als Europa, dann können wir den Laden auch abschließen. Du stellst mit deiner Argumentation quasi das ganze demokratische Projekt als zum scheitern verurteilt dar, weil wir (angeblich) nicht in der Lage sind, uns zu wehren. Ich halte da ganz entschieden dagegen.

Und by the way, werde ich nicht ganz das Gefühl los, dass sich deine Argumentation zumindest zum Teil daraus ableitet, dass du Russland nicht als Feind ansiehst.

[-] Saleh@feddit.org 5 points 21 hours ago

Wie Varoufakis gesagt hat, stehen 1,5 Millionen aktive Soldaten in der EU. Dazu kommen Rüstungsausgaben i.h.V. 2,7 Trillionen über die letzten zehn Jahre.

Ich sehe genau wie Varoufakis keinen Grund, warum man das jetzt verdreifachen müsste. Der Vorstoß kam, und das sollten wir nicht vergessen, von Trumps Regierung. Vor einem halben Jahr hat niemand mit 5% GDP diskutiert, zumindest nicht öffentlich.

Ansonsten finde ich es auch einfach stumpf bis nationalistisch die Welt in "Freund" und "Feind" einzuteilen. Mit dieser Sprache wird suggeriert, dass wir intrinsisch die Guten sind, von Geburt an überlegen, und die anderen sind die Bösen, von Geburt an verdorben und nur nach unserem Recht trachtend. Auf der Schablone kann man super einen Autoritären Nationalismus aufbauen, aber keine vernünftige Geopolitik aufbauen.

Ich empfehle dir, dich mal mit dem Problem bes Sicherheitsdilemmas auseinanderzusetzen. Das hat im kalten Krieg zu massiver Aufrüstung geführt und uns an den Rand atomarer Selbstvernichtung gebracht. Anders als heute schienen die damaligen Beteiligten aber an deeskalierender Politik interessiert zu sein. Dagegen haben wir heute Trump, der Atomabkommen aufkündigt und ein paar Bomben wirft, was dann als "Sicherheit durch Stärke" verkauft wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherheitsdilemma

[-] torrentialgrain@lemm.ee 5 points 7 hours ago* (last edited 6 hours ago)

Also erstmal hat die Aufrüstung im kalten Krieg dazu geführt, das wir evident nicht von der Sovietunion angegriffen wurden. Hat offenbar gar nicht mal so schlecht funktioniert.

Varoufakis ist kein Militärexperte, was befähigt ihn darüber zu urteilen, ob 1.5 Mio Soldaten in der EU ausreichen oder nicht? In der EU sind diese Soldaten in Dutzenden verschiedenen Stäben organisiert, die nicht miteinander verzahnt sind. Jedes Land hat schließlich seine eigene Armee. Das führt zu signifikanten Effizienzverlusten im direkten Vergleich. Russland kann mühelos ein fast ebenso großes Heer ins Feld führen, wobei dieses aber nur einer Führung unterstellt ist. Es gibt hierzu wirklich unzählige Expertenmeinungen die, anders als Varoufakis, ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht haben.

Dazu steht immer noch die Frage, ob der Faschist Trump sich wirklich an die Seite eines Litauens stellen würde, wenn Russland dort in einem Grenzdorf einfällt. Hatten wir diese Diskussion nicht sogar schon mal? Ich vertraue diesem Mann jedenfalls herzlich wenig, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die europäischen NATO-Staaten insofern aufgerüstet werden müssen, dass sie elementare strategische Aspekte der Amerikaner ersetzen können - das ist aktuell überhaupt gar nicht der Fall. Vor allem Luftbetankung, Langstreckenlufttransport, Luftüberwachung, Spionagesatelliten, Aufklärung und Feuerzielleitung sind hier zu nennen. Das alles kostet sehr viel Geld.

Was die Sprache in Sachen Freund/Feind angeht, müssen wir gar nicht auf die esoterische Ebene wechseln. Russland benennt uns, den freien Westen, seit Jahren als Feind und handelt auch so. Wir sollten sie beim Wort nehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Es ist purer Selbstschutz und ich checke nicht, wieso du dich mit Haut und Haaren gegen etwas wehrst, was einfach nur die Existenz dieser Demokratie sichert.

Anders gesagt, diese Maßnahmen werden dazu führen, dass du auch in zehn Jahren noch hypothetisch auf einer philosophischen Ebene über Krieg diskutieren kannst, und nicht östlich von Warschau in nem Schützengraben sitzt.

[-] Saleh@feddit.org 1 points 6 hours ago

Also erstmal hat die Aufrüstung im kalten Krieg dazu geführt, das wir evident nicht von der Sovietunion angegriffen wurden. Hat offenbar gar nicht mal so schlecht funktioniert.

Weil man die gegenseitigen Sicherheitsinteressen ernst genommen hat, z.B. die Mittelstreckenraketen aus der Türkei abgezogen hat, nachdem die UDSSR mit der Gegenstationiering in Cuba ihre rote Linie deutlich gemacht hat.

Varoufakis ist kein Militärexperte, was befähigt ihn darüber zu urteilen, ob 1.5 Mio Soldaten in der EU ausreichen oder nicht?

Was befähigt dich, oder Trump dazu das Gegenteil zu sagen? Problem ist, dass dir auch kein Militär sagen wird er hätte zu viel Geld und zu viel Ausrüstung. Genauso wie dir kein Kohlekraftwerksbetreiber sagen wird, dass man auf erneuerbare Umschwenken sollte.

Tatsache ist, dass Russland in der Ukraine nur langsam vorankommt, mit massiven Verlusten. Das sähe ggf. anders aus, wenn die Unterstützung nicht da wäre/gewesen wäre. Aber zu glauben, dass Russland, nachdem es beim 5km Lauf Ukraine schwächelt, in 5 Jahren den Ironman Europa gewinnen würde, halte ich für sehr gewagt.

Zum Vergleich, Nazideutschland ist durch Polen und Nordfrankreich und Dänemark und Norwegen durchgerollt. Großbrittanien ging schon nicht mehr und auch mit Vichy Frankreich hat man sich lieber arrangiert als zu kämpfen.

Ich vertraue diesem Mann jedenfalls herzlich wenig, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die europäischen NATO-Staaten insofern aufgerüstet werden müssen, d

Warum vertraust du dann Trump, dass er mit dem 5%-Ziel richtig liegt und Westeuropa schützen will?

Amerikaner ersetzen können - das ist aktuell überhaupt gar nicht der Fall. Vor allem Luftbetankung, Langstreckenlufttransport, Luftüberwachung,

Also Machtprojektion statt Landesverteidigung? Genau damit wird die Eskalationsspirale vorangetrieben. Da war man im kalten Krieg weiser und hat geschaut, dass man die MAD Balance mit der UDSSR hält.

Russland benennt uns, den freien Westen, seit Jahren als Feind

Wir der gute freie Westen. Deswegen sind unsere Angriffskriege auch total berechtigt und wer sich davon bedroht fühlt ist böse.

Es ist purer Selbstschutz und ich checke nicht, wieso du dich mit Haut und Haaren gegen etwas wehrst, was einfach nur die Existenz dieser Demokratie sichert.

Weil es das eben gerade nicht tut, was ich umfangreich erläutert habe. Wir werden von innen aufgefressen und das spielt Putin zehnmal mehr in die Hände.

[-] torrentialgrain@lemm.ee 3 points 3 hours ago* (last edited 3 hours ago)

Ich mein das wirklich nicht böse, aber mit jemandem, der nicht mal Basiswissen in militärtaktischen Belangen hat solche Dinge zu diskutieren, fühlt sich wirklich frustrierend an. Denn das Schöne ist ja, du (und auch Varoufakis) hast keinerlei Wissensbasis in diesem Bereich, argumentierst aber trotzdem so, dass es mir das Gefühl gibt, du wärst völlig resistent gegen andere Argumente und Expertenmeinungen.

Ich beschäftige mich seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor nunmehr über zehn Jahren intensiv mit europäischer Sicherheitspolitik und habe nicht die Hybris, mich Experte zu nennen - aber ich kann dir trotzdem gesichert sagen, dass man das oben genannte Fähigkeitsportfolio (Luftbetankung, Truppentransport, Aufklärung, Satelliten, …) mitnichten zur weltweiten Machtprojektion braucht.

Versuch doch für fünf Minuten mal aus deinem festgefahrenen Weltbild rauszukommen, in dem eh klar ist, dass wir keine Waffen brauchen und du von dieser Annahme aus rückwärts argumentierst. Wie verlegen wir im Ernstfall innerhalb von wenigen Tagen ein spanisches Panzerbatallion an die polnische Ostgrenze? Welche Logistik sorgt dafür, dass die immer so süffisant genannten 1,5 Millionen europäischen Soldaten dahin kommen, wo sie hin müssen und dort auch langfristig versorgt werden? Woher bekommen wir jede Woche hunderttausende Artilleriegranaten? Woher wissen wir, von wo und wann wir angegriffen werden ohne das amerikanische Satellitennetz und AWACS Staffeln?

Sorry, wie gesagt ich mein es nicht böse gegen dich, aber du hast keine Ahnung, wirklich null, wie blank und verwundbar wir ohne Amerika sind und das zu reparieren ist unsere Pflicht, wenn wir unsere Demokratien und unsere freie Art zu leben schützen wollen.

Das alles können und müssen wir gleichzeitig tun, während wir gegen die Gefahr im Innern vorgehen. Das ist die zweite Front, auf der Putin den Westen schlagen will. Und das schöne ist, Staaten sind durchaus in der Lage, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Du erinnerst mit deiner Argumentation an Amis, die immer erzählen wollen, man könnte kein gutes Gesundheitssystem aufbauen, weil man zu viel Geld für Waffen ausgibt (was schlichtweg eine Lüge ist).

[-] trollercoaster@sh.itjust.works 2 points 23 hours ago

Wie schon gesagt müssen wir etwas gegen beides tun, Panzer bauen gegen russischen Faschismus und mit aller Härte des Rechtsstaats zuschlagen gegen den blauen Faschismus.

Das ist auf jeden Fall geboten, Insbesondere, weil der Faschismus der AfD ganz offensichtlich mit dem russischen Faschismus Hand in Hand geht. Die AfD (und andere Parteien wie sie in anderen Ländern) ist nicht nur ein innerer Feind, sondern auch ein subversives Werkzeug eines äußeren Feindes, um die Allianzen der demokratischen Staaten aufzuweichen und damit zu schwächen.

this post was submitted on 25 Jun 2025
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