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submitted 1 day ago* (last edited 18 hours ago) by federalreverse@feddit.org to c/dach@feddit.org

Ich bin vor Kurzem zufällig beim Twitterkonto von Yanis Varoufakis vorbei gestolpert. Und da habe ich eine Rede gelesen, die er vorm EU-Parlament gehalten hat. Es stand leider nicht da, wer ihn eingeladen hat (hat MERA25 überhaupt Sitze im Parlament?).

In seiner Rede scheint mir mindestens an der Stelle, wo Russland als Gefahr stehen sollte, eine große Lücke zu sein. Den Rest kann ich nicht hinlänglich zureichend bewerten.

Vielleicht kann mir ja jemand von euch helfen, das einzuordnen & mir sagen, ob MERA25 letztlich nur eine weitere Front im russischen Propagandakampf ist.

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[-] Saleh@feddit.org 8 points 16 hours ago

Die Mehrausgaben werden also über Schulden finanziert.

Und die Zinsen und Rückzahlung wird dann aus mehr Schulden finanziert? Hurra unendlich Geld! Das ging noch nie schief...

Unsere Nachbarländer flehen uns seit Jahren geradezu an, militärisch eine größere Stütze in Europa und der NATO zu sein. Also klar, vielleicht nicht wenn du mit Autonomen in Frankreich redest, aber auf staatspolitischer Ebene zu 100%.

Na dann warten wir mal noch 5 Jahre und gucken wie das aussieht, wenn eine schwarz-blaue Regierung an die Macht kommt.

Ein Blick in die Geschichte verrät:

https://en.wikipedia.org/wiki/German_reunification#Foreign_support_and_opposition

Thatcher, who carried in her handbag a map of Germany's 1937 borders to show others the "German problem", feared that Germany's "national character", size, and central location in Europe would cause it to be a "destabilizing rather than a stabilizing force in Europe".

François Mitterrand reportedly told an aide to Gorbachev, "France by no means wants German reunification, although it realises that in the end, it is inevitable." At the Strasbourg summit, Mitterrand and Thatcher discussed the fluidity of Germany's historical borders. On 20 January 1990, Mitterrand told Thatcher that a unified Germany could "make more ground than even Adolf had".[82] He predicted that "bad" Germans would reemerge, who might seek to regain former German territory lost after World War II and would likely dominate Hungary, Poland, and Czechoslovakia,

I love Germany so much that I prefer to see two of them. — Giulio Andreotti, Prime Minister of Italy, quoting François Mauriac

Italy's Giulio Andreotti warned against a revival of "pan-Germanism" and the Netherlands's Ruud Lubbers questioned the German right to self-determination. They shared Britain's and France's concerns over a return to German militarism and the economic power of a reunified country.

Jetzt kann man meinen, dass seitdem 35 Jahre vergangen sind, und alles ist jetzt Friede-Freude-Eierkuchen in der EU, wir wissen aber besser, wie Deutschland im Zuge der Eurokrise in Griechenland, Spanien, Portugal & co. angekommen ist. Wir wissen auch, dass Polen den zweiten Weltkrieg kulturell immer noch nicht verdaut hat, Stichwort Reparationsforderungen.

Die Forderung nach mehr deutscher Rüstung bezieht sich auf die aktuelle Bedrohung durch Russland. Sollte sich das auflösen, wird man sehr schnell wieder fordern, dass Deutschland sich militärisch zurückhalten soll.

[-] trollercoaster@sh.itjust.works 5 points 15 hours ago

Eigentlich sollte die logische Konsequenz aus dem Problem eine gemeinsame EU-Außen- und Verteidigungspolitik mit einem gemeinsamen Militär sein. Leider hat dumpfer Nationalismus sämtliche beteiligten Länder immer noch (oder wieder) so stark im Griff, dass daraus wahrscheinlich nichts wird.

[-] Saleh@feddit.org 8 points 14 hours ago

Dieses. Was uns schützt ist eine gut integrierte EU, die die vorhandenen Militärresourcen richtig einsetzen kann. Dafür braucht es mehr europäische Integration, die man nicht durch Militärausgaben erreichen kann.

[-] torrentialgrain@lemm.ee 4 points 15 hours ago

Und die Zinsen und Rückzahlung wird dann aus mehr Schulden finanziert? Hurra unendlich Geld! Das ging noch nie schief...

Es mag sein dass ich mich irre, aber dich hatte ich eigentlich immer als ziemlich linken User eingestuft. Von daher verwunderlich, dass du dich hier einem Musterbeispiel schwarzer Rhetorik bedienst, die so 1:1 von einem Lars Feld stammen könnte.

Aber zur Sache - ja, in diesen sauren Apfel müssen wir jetzt beißen. Keiner hat Bock drauf, aber die geopolitischen Umstände lassen uns wenig Spielraum. Das Geld, das in den vergangenen Jahrzehnten bei der Bundeswehr gespart wurde, war halt leider auch nicht umsonst (Stichwort Friedensdividende), sondern wird uns jetzt auf diesem Wege wieder abverlangt.

Jetzt könnte man natürlich noch darüber reden, dass es in einer wachsenden Volkswirtschaft natürlich möglich ist, Schulden von heute mit dem morgigen Wachstum zu decken, aber damit machen wir das Themengebiet für diese Diskussion etwas sehr weit.

Na dann warten wir mal noch 5 Jahre und gucken wie das aussieht, wenn eine schwarz-blaue Regierung an die Macht kommt.

Joa. Das ist ein Argument, demzufolge wir eigentlich nur noch politischen Stillstand oder noch besser die Rückabwicklung aller militärischen und zivilen Infrastrukturen befürworten sollten - ansonsten wird das alles ja in vier Jahren den Faschos von der AfD in die Hände fallen.

Diesen Defätismus würde ich mir nicht zueigen machen, genauso das Konstruieren von klassischen Slippery Slope Argumenten. Wir brauchen jetzt eine einsatzfähige Bundeswehr um Abschreckung zu leisten, damit wir unsere Demokratie nicht äußeren Feinden ausliefern. Gegen die Feinde im Innern müssen wir anders vorgehen. Die würde dann übrigens auch in vier Jahren niemand dran hindern, für ein faschistisches Deutschland aufzurüsten, deswegen ergibt das Slippery Slope Argument keinen Sinn.

Die Forderung nach mehr deutscher Rüstung bezieht sich auf die aktuelle Bedrohung durch Russland. Sollte sich das auflösen, wird man sehr schnell wieder fordern, dass Deutschland sich militärisch zurückhalten soll.

Zustimmung in diesem Punkt und auch die historischen Zitate stelle ich nicht in Abrede. Aber wir leben halt nicht in der Historie sondern in einer Zeit, in der sich in keinster Weise abzeichnet, dass die Bedrohung durch Russland sich auflöst. Von daher gilt es nun, Politik zu machen, die mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität steht. Es ist nebenbei auch nicht nur Russland, das uns außenpolitisch bedroht.

[-] Saleh@feddit.org 5 points 14 hours ago* (last edited 14 hours ago)

Militärausgaben sind "Konsumausgaben". Würde man das Geld stattdessen in Investitionen stecken, z.B. erneuerbare Energien oder Straßen, generieren diese auch Rückflüsse oder unterstützen Wachstum. Dann kann man auch argumentieren, dass die Schulden durch Wachstum wieder rausgeholt werden. Das trifft bei Militärausgaben nicht zu.

Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen alle Militärausgaben, aber sie müssen im Rahmen des notwendigen und machbaren sein. Das sehe ich bei 5% BIP nicht. Wie gesagt, dass macht bei uns ca. 40% vom Bundeshaushalt.

Gleichzeitig würden wir uns mit mehr erneuerbaren Energien von Energieimporten unabhängig machen und die Finanzierung der russischen Kriegskasse beenden. Die EU Staaten haben mehr Geld an Russland bezahlt seit der vollen Invasion in 2022 als an die Ukraine. So lange dieses Problem nicht gelöst wird, finanzieren wir die Aufrüstung auf beiden Seiten, anstatt Russland die Finanzierung zu entziehen.

Joa. Das ist ein Argument, demzufolge wir eigentlich nur noch politischen Stillstand oder noch besser die Rückabwicklung aller militärischen und zivilen Infrastrukturen befürworten sollten - ansonsten wird das alles ja in vier Jahren den Faschos von der AfD in die Hände fallen.

Oder wir finanzieren Investitionen in Infrastruktur und soziale Sicherheit und entziehen damit der AfD den Nährboden. Aber im Neoliberalismus ist das undenkbar.

Diesen Defätismus würde ich mir nicht zueigen machen

Der Defätismus besteht gerade darin, dass man eine Aufrüstung und denb drauf folgenden Krieg als gegeben annimmt, anstatt die Bedingungen zu schaffen, dass es garnicht dazu kommt.

Wir brauchen jetzt eine einsatzfähige Bundeswehr um Abschreckung zu leisten, damit wir unsere Demokratie nicht äußeren Feinden ausliefern. Gegen die Feinde im Innern müssen wir anders vorgehen.

Während uns die inneren Feinde auffressen. Die Entwicklungen der letzten Monate und Jahre hast du doch auch verfolgt. Und den Fokus auf den äußeren Feind zu lenken, um innen die Demokratie zu zerstören ist ein Standardmanöver von Autokraten. Putin, Orban, Erdogan, Trump... um nur die aktuellen Beispiele zu bemühen. Wenn es keine innere Bedrohung gäbe, wäre das Argument vielleicht nachvollziehbar, aber die Bedrohung ist jetzt aktuell jeden Tag daran, die Demokratie in Deutschland abzubauen.

Das "andere Vorgehen" gegen die inneren Feinde ist ziemlich klar siehe oben. Es müssen notwendige staatliche Investitionen geleistet werden, die wegen den Militärausgaben dann nicht mehr geleistet werden. Weil Resourcen nicht unendlich sind, stehen diese beiden im Zielkonflikt miteinander.

Die würde dann übrigens auch in vier Jahren niemand dran hindern, für ein faschistisches Deutschland aufzurüsten

Wenn man ihnen das Land auf dem Silbertablett überreicht nicht. Wenn man dagegen antifaschistisch vorgeht, dann kommen sie nie dazu.

Es ist nebenbei auch nicht nur Russland, das uns außenpolitisch bedroht.

We bedroht uns denn militärisch? Wir werden unseren wirtschaftlichen Wettbewerb mit China jedenfalls nicht dadurch durchalten, dass wir Panzer kaufen anstatt in Zukunftstechnologien zu entwickeln.

[-] torrentialgrain@lemm.ee 3 points 12 hours ago* (last edited 12 hours ago)

Ich glaube hier gibt es ein extrem grundlegendes Verständnisproblem. Wir investieren nicht in die Bundeswehr, um Kriege zu führen, sondern um eben um keinen Krieg zu führen.

Du argumentierst aus einer Perspektive, die historisch gesehen absolut falsch ist. Wenn es eine Lehre gibt, die uns Historiker aus den Jahrtausenden der menschlichen Kriegsgeschichte aufzeigen, dann ist es dieser:

Schwäche gibt expansionistischen Imperien die Möglichkeit, ihre Einflusssphäre und/oder ihre Ländergrenzen zu erweitern.

Stärke dagegen wirkt abschreckend.

Und ganz ehrlich, ich kann deiner Logik schlicht nicht folgen. Du sagst, wir sollen uns nicht in die Lage versetzen, uns gegen einen Aggressor wie Russland zu wehren, weil uns die inneren Feinde von innen auffressen? Wie schon gesagt müssen wir etwas gegen beides tun, Panzer bauen gegen russischen Faschismus und mit aller Härte des Rechtsstaats zuschlagen gegen den blauen Faschismus.

Wenn wir das nicht können, als Europa, dann können wir den Laden auch abschließen. Du stellst mit deiner Argumentation quasi das ganze demokratische Projekt als zum scheitern verurteilt dar, weil wir (angeblich) nicht in der Lage sind, uns zu wehren. Ich halte da ganz entschieden dagegen.

Und by the way, werde ich nicht ganz das Gefühl los, dass sich deine Argumentation zumindest zum Teil daraus ableitet, dass du Russland nicht als Feind ansiehst.

[-] Saleh@feddit.org 5 points 10 hours ago

Wie Varoufakis gesagt hat, stehen 1,5 Millionen aktive Soldaten in der EU. Dazu kommen Rüstungsausgaben i.h.V. 2,7 Trillionen über die letzten zehn Jahre.

Ich sehe genau wie Varoufakis keinen Grund, warum man das jetzt verdreifachen müsste. Der Vorstoß kam, und das sollten wir nicht vergessen, von Trumps Regierung. Vor einem halben Jahr hat niemand mit 5% GDP diskutiert, zumindest nicht öffentlich.

Ansonsten finde ich es auch einfach stumpf bis nationalistisch die Welt in "Freund" und "Feind" einzuteilen. Mit dieser Sprache wird suggeriert, dass wir intrinsisch die Guten sind, von Geburt an überlegen, und die anderen sind die Bösen, von Geburt an verdorben und nur nach unserem Recht trachtend. Auf der Schablone kann man super einen Autoritären Nationalismus aufbauen, aber keine vernünftige Geopolitik aufbauen.

Ich empfehle dir, dich mal mit dem Problem bes Sicherheitsdilemmas auseinanderzusetzen. Das hat im kalten Krieg zu massiver Aufrüstung geführt und uns an den Rand atomarer Selbstvernichtung gebracht. Anders als heute schienen die damaligen Beteiligten aber an deeskalierender Politik interessiert zu sein. Dagegen haben wir heute Trump, der Atomabkommen aufkündigt und ein paar Bomben wirft, was dann als "Sicherheit durch Stärke" verkauft wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherheitsdilemma

[-] trollercoaster@sh.itjust.works 2 points 12 hours ago

Wie schon gesagt müssen wir etwas gegen beides tun, Panzer bauen gegen russischen Faschismus und mit aller Härte des Rechtsstaats zuschlagen gegen den blauen Faschismus.

Das ist auf jeden Fall geboten, Insbesondere, weil der Faschismus der AfD ganz offensichtlich mit dem russischen Faschismus Hand in Hand geht. Die AfD (und andere Parteien wie sie in anderen Ländern) ist nicht nur ein innerer Feind, sondern auch ein subversives Werkzeug eines äußeren Feindes, um die Allianzen der demokratischen Staaten aufzuweichen und damit zu schwächen.

this post was submitted on 25 Jun 2025
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