Hi Leute,
die Community hier und die auf Reddit (irgendwie ist das für mich noch dasselbe) haben mich über das letzte Jahr ermutigt, einen kleinen Kurzroman zu schreiben.
Ich wollte euch eine kleine Leseprobe hier lassen. Wer mehr lesen möchte, kann mir einfach eine E-Mail schreiben und bekommt es umsonst, die Kindle- und Taschenbuchversion sind aber auch auf Amazon zu erhalten.
Wünsche frohes Lesen und danke nochmal für all die erbaulichen Kommentare! :)
Nach drei Tagen starken Regens war das Bächlein hinter meinem Haus zu einem richtigen Fluss geworden und am frühen Abend kam die Feuerwehr vorbei und warnte uns, dass wir unsere Autos etwas höher stellen sollten. Also stellte stellte ich mein Auto am Bahnhof des idyllischen Örtchens ab, überlegte kurz, ob ich einfach direkt zu meiner Freundin fahre, wer weiß ob ich morgen noch von hier zur Arbeit komme. Aber ich entschied mich, zu Hause zu bleiben. [...]
Ich gehe wieder rein, setze mich auf meinen Balkon, der Regen noch immer stark auf die Überdachung plätschernd, und sehe der Straße zu, wie sie sich langsam mit Wasser füllt. Ich nehme ein Video auf, teile es mit meinem Chef und sag ihm, dass ich morgen wohl Home Office machen muss. “Mach mal halblang” schreibt er nur, solange dem Auto nichts passiert könne ich ja ins Büro kommen, und in dem Moment wird ein Auto am Haus vorbei gespült, so tief ist schon das Wasser. Der Strom ist auch längst weg, und Internet haben wir nur noch sporadisch. Dann klopft es an meiner Tür, Herr und Frau K, ob ich runter in die Weinstube kommen könnte, um das Piano aufzubocken, vielleicht könne man es noch retten. Stiefel habe ich keine, aber es ist warm, und so stört es kaum, dass wir knietief im Wasser stehen, während wir versuchen, das massive Piano auf zwei Bastkörbe zu hieven.
Der Versuch dauert gefühlt ewig, das alte Klavier wiegt eine Tonne und die Körbe sind wackelig, kaum höher als der Wasserstand, und mir kommt die ganze Aktion sinnlos bis lebensgefährlich vor. Dann spült das Wasser die Fensterscheiben raus, und ein Auto, oder ein Öltank, irgendwas großes, wird mit einem lauten RUMMS außen vor die Wand geworfen. Mein Puls geht hoch, aber ich will mir nichts anmerken lassen. Frau K leuchtet uns weiter, der Bastkorb gibt nach, und ich sag “wir müssen hier raus, das bringt nichts”. Aber die beiden sehen so traurig aus und für einen Moment wird mir klar, dass sie gerade verlieren, was sie über ein halbes Jahrhundert aufgebaut haben. “Na gut, einen Versuch noch.” Vergebens.
Eine halbe Stunde später, wir stehen auf dem Balkon meiner Wohnung im ersten Stock, das Erdgeschoss geflutet, das Piano weg. Dann hören wir ein ängstliches Maunzen; auf einem Balken, der die Abdeckung des Balkons hält, sitzt ein dicker orangener Kater, völlig verängstigt, denn auch seine Welt geht gerade unter, und irgendwie schaffen wir es, ihn in meine Küche zu bekommen, in Sicherheit.
Irgendwann steht mir auch in meiner Wohnung das Wasser bis zum Knöchel, dann klopft es wieder, Frau P, aus dem Altbau, der eine Etage höher liegt, lädt mich ein. Ich setze meinen Rucksack auf, packe meine Gitarre, und gehe hoch. Es dämmert, und die Stromleitungen sind seit Stunden weg, aber oben, in Frau Ps Wohnung, brennen überall Kerzen und Teelichter. Dann sitzen wir am Küchentisch, lauschen der Flut, die ohrenbetäubend und nach Öl stinkend das Haus von allen Seiten verschlingt. Ich sehe einen abgedeckten Vogelkäfig und will kurz vorschlagen, den Vogel doch fliegen zu lassen. Dann wird mir klar, was das impliziert, nämlich dass das Haus bald nachgibt, und wir dann alle tot sind, aber immerhin lebt der Vogel.
[...] Frau K. ist bemüht die Stimmung aufzuhellen, und für eine Weile reden wir, damit niemand Zeit hat nachzudenken, dem Regen und der Flut lauschend, und immer wenn ein Öltank oder ein Baum oder ein Wohnwagen vom Wasser vor die Wände geworfen wird schweigen wir besonders laut, denn jeder denkt und niemand sagt, dass das Haus das nicht lange mitmacht.
Dann wird aus der Angst plötzlich Panik, das angrenzende Nachbarhaus stürzt ein, und mit ihm jede Hoffnung, dass wir einigermaßen sicher sind, und dann, meine Fresse, ein riesiger Riss in der Küchenwand, und plötzlich kann man rausgucken, in die Nacht. Runter, sofort. Die Frauen vorweg, wir direkt hinterher, durch den stockdunklen Hausflur, einfach runter. Unten bricht Herr K eine Tür ein, zur Wohnung unter uns, und der Horror ist vollständig, denn als sich die Tür öffnet offenbart sich, dass der Boden längst weggerissen ist, dass der ganze Altbau unterspült wurde, dass uns nur Sekunden bleiben, bis zwei Stockwerke aus Holz und Ziegeln über uns einstürzen. [...]
Also dass es keinen Körper geben kann, der funktioniert, ohne dass man Kalorien verbrennt, dürfte ja unstrittig sein. Also ist ja das Rezept "weniger Essen als man braucht" voll legitim und das wirst du auch nicht in Abrede stellen. Also ist Übergewicht ja zwangsläufig eine Verhaltenssache. Und Verhalten ändern ist halt schwer, besonders wenn es zwei Mega-Industrien (Pharma und "Lebensmittel") gibt, die besonders daran interessiert sind, dass wir unmündige Konsummaschinen bleiben.
Wenn ich also eine Spritze nehme und plötzlich einen BMI von 20 habe, habe ich ja dennoch das gestörte Verhalten (zu viel Essen, zu wenig Bewegung) nicht geändert. Um die Industrien zu verbessern braucht es große, systemische Veränderungen, aber auf der Stufe des Individuums ist man besser dran beraten, die Ursachen der Fettheit zu bekämpfen. Dass das immer nur Völlerei und Faulheit sind will ich nicht sagen, sicher spielen Depressionen und Unzufriedenheit, ungesunde Coping-Mechanismen und Zuckersucht eine größere Rolle als viele glauben.