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[-] muelltonne@feddit.de 66 points 11 months ago

Schön finde ich übrigens diesen Absatz:

Das liegt zum einen daran, dass unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Wunsch nach Teilzeiterwerbstätigkeiten gestiegen sei. Insbesondere bei Frauen sei die Quote sehr hoch, so Fitzenberger. Viele Arbeitskräfte hätten ihre Arbeitszeit in den letzten Jahren verkürzt. Betriebe würden das mitmachen, aus Sorge, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sonst zu verlieren.

Ob das wohl etwas mit der katastrophalen Situation der Kinderbetreuung zu tun haben könnte?

[-] CyberEgg@discuss.tchncs.de 54 points 11 months ago

Bestimmt in Teilen, aber nicht nur. Ich z.B. bin Single ohne Kinder und hab nichtmal einen langen Arbeitsweg, finde mehr als 30 Stunden einfach zuviel, um abseits der Arbeit noch ein Leben zu haben und mich um mich selbst kümmern zu können.

[-] LordR@kbin.social 31 points 11 months ago

Könnte daran liegen das (zumindest in der Schweiz) die Produktivität in den letzten 30 Jahren um etwa 40% gestiegen ist, heisst bei 100% Arbeit macht man jetzt die Arbeit von sieben Tagen in fünf.
Wir Arbeiter haben uns definitiv weniger Arbeitszeit verdient.

[-] jonno@discuss.tchncs.de 13 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Haha, die Schweiz mit Wochenarbeitszeit von 42h, weniger Urlaub und sehr bescheidenem Kündigungsschutz? Von den Rechten für Betriebsräte und Gewerkschaften ganz zu schweigen 😂

[-] LordR@kbin.social 13 points 11 months ago

Ja, eben. Produktivität geht durch die Decke, Lohn nicht. Und dann kommt von rechts, dass alle Teilzeitarbeitenden faule Säcke sind und ihr Studium selbst finanzieren sollen.

[-] crispy_kilt@feddit.de 3 points 11 months ago

Gesetzlich ist es 45h. Aber 42h oder 40h sind üblich (Gesamtarbeitsverträge)

[-] dumdum666@kbin.social 4 points 11 months ago

Was mich tatsächlich interessieren würde:
Ist die Mittagspause Teil der Arbeitszeit oder ist es privatvergnügen der Angestellten? In Deutschland ist es beispielsweise reines privatvergnügen…

[-] crispy_kilt@feddit.de 3 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Ebenfalls eigene Zeit. 30 Minuten zwingendes Minimum. Morgen- und Nachmittagspausen sind aber Arbeitszeit. Die Gesetze in der Schweiz sind generell sehr liberal, viel liberaler als in Deutschland. Beispielsweise kann jemandem die Stelle einfach so, ohne Angaben von Gründen ("wir brauchen dich nicht mehr" reicht völlig) gekündigt werden. Kranke, Schwangere usw. natürlich ausgenommen.

Die Gesamtarbeitsverträge sind bei uns sehr wichtig und regeln viel, ebenfalls die öffentliche und zwingende Unfallversicherung. Manche Bestimmungen kommen von der Unfallversicherung, nicht vom Gesetz - da die aber zwingend ist, hat es dieselbe Wirkung wie ein Gesetz. Schaut man sich also nur die Gesetze an bekommt man kein vollständiges Bild der Arbeitnehmerrealität.

[-] jonno@discuss.tchncs.de 2 points 11 months ago

Danke, wieder was gelernt

[-] dumdum666@kbin.social 11 points 11 months ago

Sind denn in der Schweiz die Löhne entsprechend gestiegen? In Deutschland sind sie es nicht.

[-] crispy_kilt@feddit.de 4 points 11 months ago

Haha lolnein

[-] LordR@kbin.social 2 points 11 months ago

Das kommt sehr auf die Branchen an. Wenn ich mich richtig erinnere, im Median um etwa 20% also nur so halb.

[-] dumdum666@kbin.social 2 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Dann über alle Branchen oder nur ausgewählte?

[-] LordR@kbin.social 1 points 11 months ago

Die 20% (möglicherweise waren es auch leicht mehr) waren insgesamt. Und auch die Produktivitätszunahme war insgesamt.

[-] Sodis@feddit.de 1 points 11 months ago
[-] LordR@kbin.social 3 points 11 months ago

Nochmal nachgeschaut: der Reallohn (also inflationsbereinigt) ist in den letzten 30 Jahren um 13.84% gestiegen.

Das ist schon krass wenig.

[-] polle@feddit.de 11 points 11 months ago

"Betriebe würden das Mitmachen.." guter Witz, man hat hald als Arbeitsnehmer ein Recht auf Teilzeit.

[-] Treczoks@lemm.ee 3 points 11 months ago

Nicht unbedingt. Viele Frauen die auf Teilzeit gehen machen das wenn der Soziale Level der Familie gefestigt ist, also wenn Kinder aus dem Haus sind.

[-] B0rax@feddit.de 2 points 11 months ago

Oder damit dass es sich ab einem bestimmten Punkt gar nicht mehr lohnt mehr zu arbeiten. Ein Haus wird’s eh nicht bei dem Immobilienmarkt.

[-] Bierjunge@feddit.de 2 points 11 months ago
[-] taladar@feddit.de 36 points 11 months ago

Vielleicht sollte man das mal umformulieren. Uns fehlt kein Personal, wir setzen Personal zu ineffizient ein, vielleicht weil wir immer noch viel zu viele Dinge von Hand machen die man mit der Digitalisierung komplett automatisieren könnte, z.B. 99% von Routine-Angelegenheiten die aktuell per Telefon gemacht werden, viele Behörden-Prozesse,...

[-] muelltonne@feddit.de 17 points 11 months ago

Das kommt zur Misere noch dazu - alleine im Gesundheitssystem sind ja unzählige Leute damit beschäftigt morgens beim Arzt die Telefonate anzunehmen und Termine zu vergeben. Das geht sicherlich auch klüger.

[-] andy_wijaya_med@lemmy.world 20 points 11 months ago

Trotzdem ist es noch verdammt schwierig, Ärzte Praxis anzurufen. :). Ich bin selber Arzt und tätig im Krankenhaus. Ich hab Schwierigkeiten, Arzttermine für meine Patienten auszumachen (z.B. zur Verlaufskontrolle oder eine strahlentherapeutische Nachbehandlung zu organisieren). Bei einer Arztpraxis anzurufen ist es fast utopisch, innerhalb weniger als 5 Minuten mit den Mitarbeitern dort zu sprechen. Es ist sehr oft so, dass ich diese Anrufe zu unserem Case Manager/ unserer Sekretärin delegieren muss. Sonst kostet es mir viel zu viel Zeit. Deutsches Gesundheitssystem ist krank. Ambulantes system funktioniert nicht, stationäre Behandlung funktioniert auch nicht besser.

[-] B0rax@feddit.de 3 points 11 months ago

Sehr gut, dann sind direkt 2 Leute beschäftigt mit etwas was digital ohne Personalaufwand funktionieren könnte!

[-] Don_alForno@feddit.de 9 points 11 months ago

morgens beim Arzt die Telefonate anzunehmen

Wo sind diese magischen Personen?

[-] agressivelyPassive@feddit.de 14 points 11 months ago

Da beißt sich die Katze allerdings ein bisschen in den Schwanz.

Die Prozesse an sich sind oft nicht sinnlos, nur ineffizient gestaltet. Um sie effizient zu gestalten, braucht man aber IT. Und die gibt es gerade nicht, weil Fachkräftemangel.

Für viele Dinge bei der öffentlichen Verwaltung gibt es zB keine vernünftigen online Anträge, weil rechtlich Schriftformerforderniss gilt und das kann man höchstens mit der BundID bzw ePA abdecken, den hat aber keiner, deswegen wird es nicht angeboten, deswegen wird es nicht angenommen, weil man es ja nirgends nutzen kann.....

Aber grundsätzlich, auf volkswirtschaftlicher Ebene, ist es damit auch nicht getan. Das, was du damit freischaffst, sind Bürokaufleute. Was gebraucht wird, sind aber Pflegekräfte, Programmierer, Handwerker.

[-] teichflamme@lemm.ee 12 points 11 months ago

Ich würde nicht sagen, dass es IT nicht gibt.

Die guten Kollegen suchen sich halt den Arbeitgeber aus. Oft dann halt irgendeine Beratungsklitsche, in der man doppelt soviel bezahlt bekommt und weniger Amtsschimmel hat.

[-] agressivelyPassive@feddit.de 4 points 11 months ago

Der Punkt ist, dass du den Fachkräftemangel (kurzfristig) nicht bekämpfst, indem du die (aktuell) seltenste Fachrichtung mehr auslastest.

Ich arbeite als Entwickler bei einem Unternehmen, das ganz gut bezahlt und sehr flexible Arbeitsmodelle anbietet, trotzdem können wir nicht so schnell wachsen, wie wir es könnten. Der Markt ist einfach leer.

[-] lichtmetzger@feddit.de 1 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Kann ich so bestätigen. Wir haben 30h-Woche, 4-Tage-Woche, 100% Homeoffice, Remotearbeit, sehr "entspannte" Arbeitszeiterfassung und vieles mehr. Die guten Bewerber, die wir bekommen sind oft aus dem Ausland und sprechen nur sehr gebrochen Deutsch, was die Zusammenarbeit sehr schwierig macht.

Grundsätzlich ist uns die Sprache egal wenn jemand zumindest Englisch und gut coden kann, aber man kann seinen Laden leider nicht komplett so aufbauen - es muss auch ein paar Leute geben, die flüssig auf Deutsch mit unseren Kunden kommunizieren können. :)

Aus Deutschland bekommen wir leider nur extreme Berufsanfänger, Studenten usw. Der Markt an erfahrenen Leuten ist wirklich leer. Diese Leute weiter-/auszubilden ist natürlich eine Möglichkeit, bindet aber auch erstmal Ressourcen, die gerade ein kleines Unternehmen nicht unbedingt hat.

[-] agressivelyPassive@feddit.de 2 points 11 months ago

Selbst größere Unternehmen scheuen sich allerdings in die Ausbildung zu investieren. Da werden Absolventen einfach in Projekte gesteckt und wenn man (als Senior/Lead) dann ein bisschen Zeit darauf verwendet, denen das Projekt zu erklären, wird nachgefragt, was das denn soll.

[-] Diplomjodler@feddit.de 10 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Das wäre aber auch der Gesetzgeber gefordert. In Deutschland gibt es viele strunzdumme Vorschriften im Namen der "Rechtssicherheit", die den effizienten Einsatz von moderner Kommunikationstechnik verhindern. So war es z.B. Jahrzehnte lang nicht möglich, Rechnungen per E-Mail zu verschicken. In anderen Ländern geht das auch alles und dort geht die Welt auch nicht unter.

[-] andy_wijaya_med@lemmy.world 2 points 11 months ago

Genau das. Deutschland hat zu viel Bürokratie, ineffizient..

[-] Guildo@feddit.de 4 points 11 months ago

Wir haben nicht zu viel Bürokratie, wir haben eine zu langsame Bürokratie.

[-] 768@sh.itjust.works 9 points 11 months ago

IT kann sich vielleicht noch selber automatisieren, aber im Handwerk ist Automatisierung echt schon schwierig.

Manche Bauhauptgewerbe mögen ja noch mit heutigem Technologiestand automatisierbarer sein, aber zB besonders bei Heizung, Klima und Elektro in der Umrüstung von bestehender Infrastruktur ist doch einiges an Improvisation und 'Gefummel' vonnöten, ich seh die Heizungskeller und Dächer jedenfalls nicht durch Roboter in der absehbaren Zukunft bearbeitet, obwohl dort doch die Hütte momentan brenne, so heißt es doch.

Pflege und Gesundheit hat die Probleme von Handwerk und IT plus Ethik.

[-] agressivelyPassive@feddit.de 10 points 11 months ago

IT kann das auch nur noch bedingt. Meine Arbeitszeit besteht kaum noch aus programmieren, sondern aus telefonieren und dokumentieren. Da geht es dann darum 20 verschiedene Stakeholder und 30 verschiedene Dienste zu jonglieren. Kurzfristig ist da auch nicht so viel zu machen.

[-] DrunkenPirate@feddit.de 4 points 11 months ago

Oh da geht einiges an Produktivitätsgewinn im Handwerk - gerade durch IT. Aber nein, man muss ja zum Kunden hinfahren, mit Zollstock aufnehmen, auf Zettel schreiben und, ja genau, den Zettel nicht mehr finden, wenn der Kunde nach 2 Wochen nachfragt. Da muss man wohl nochmal hinfahren, … Macht auch nur der Meister persönlich, weil, naja, hat man immer schon so gemacht.

Und Kachel verlegen macht man auch nur vor Ort mit Zollstock. Weil man muss ja vor Ort zuschneiden und messen. Auf dem Boden kniend.

So Sachen wie Laservermessung, Fotoaufmaße, Digitale Notizblöcke, CRM, CAD, Roboterfräse haben die alle noch nicht gehört.

Bin gerade umgezogen und es ist unglaublich. 2 Handwerker haben mir tatsächlich noch keine Rechnung geschickt. Warte nun schon seit 4 Monaten darauf. Wohl den Zettel mit den Notizen verloren.

[-] taladar@feddit.de 9 points 11 months ago

Das liegt aber auch daran dass man jetzt dort einen Rückstau hat weil man 30 Jahre lang zu wenig gemacht hat.

[-] agressivelyPassive@feddit.de 2 points 11 months ago

Mag sein, ändert aber nichts an der aktuellen Lage.

Captain Hindsight spielen ist eigentlich fast nie hilfreich.

[-] Don_alForno@feddit.de 4 points 11 months ago

Das, was du damit freischaffst, sind Bürokaufleute. Was gebraucht wird, sind aber Pflegekräfte, Programmierer, Handwerker.

Dauert ein paar Jahre, aber wenn die Nachfrage für Bürokaufleute spürbar sinkt, suchen sich die nächsten Jahrgänge andere Berufe.

[-] Treczoks@lemm.ee 25 points 11 months ago

Da gibt es zwei unterschiedliche Probleme: Facharbeiter die fehlen, und Arbeitskräfte die fehlen.

Die ersten fehlen, weil Firmen nicht selber in die Weiterbildung investieren, gleichzeitig aber nicht gewillt sind, vorgebildeten Fachkräften auf dem Markt eine entsprechend attraktive Arbeitsstelle zu bieten.

Die zweiten fehlen, weil Arbeitgeber maximale Flexibilität bei minimaler Entlohnung erwarten - Arbeitnehmer, die wie eine Maschine ohne Seele und Verstand auf Knopfdruck zu- und abgeschaltet werden können, und mit möglichst wenig Geld abgespeist werden, am besten noch als Scheinselbstständige, die für 5€ pro Stunde noch ihr eigenes Auto ruinieren.

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[-] SierpinskiDreieck@feddit.de 24 points 11 months ago

Noch ein Faktor: wir machen aus verschiedensten Gründen Arbeit die keiner braucht.

Irgendwo zwischen 9 (konservativ) bis 25 (spekulativ) Prozent aller Jobs haben keinen gesellschaftlichen Mehrwert oder canceln sich gegenseitig aus.

Wen das mehr interessiert: David Graeber hat mit "Bullshit Jobs" die Diskussion losgetreten. RIP https://www.youtube.com/watch?v=0aR9kaAKcv8

Es lohnt auch, das entsprechende Buch zu lesen. Es ist recht unterhaltsam geschrieben und analysiert das Problem genauer. Was auch nötig ist, um es überhaupt zu verstehen. Denn, wie Graeber sagt, es ist viel Ideologie dabei, und von der sind wir eigentlich alle indoktriniert. Gegen Ideologien anzudenken gelingt eigentlich nur, wenn man sich mühselig mit ihnen auseinandersetzt.

[-] SierpinskiDreieck@feddit.de 1 points 11 months ago

Ich bin generell ein großer Fan seiner Werke.

"Debt the first 5000 years" und das nach seinem tod veröffentlichte "The dawn of everything" sind auch extrem lesenswert.

[-] dumdum666@kbin.social 13 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Ich persönlich halte den Fachkräftemangel für einen Mythos - es ist schlicht ein Mangel an angemessener Bezahlung. Sofern in einem Beruf angemessen bezahlt wird, sind ja Bewerber vorhanden.

Mit anderen Worten: Hier wird im Sinne der Ausbeuter rumgeheult die Probleme bekommen ihre mit quasi Mindestlohn vergüteten Stellen für Akademiker zu besetzen.

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