Relativ klassische Polemik gegen die Definition von Armut als X% des Medians. Gerne erweitert um „Arbeitslose haben heutzutage ein Smartphone und können Vanille und Zimt im Supermarkt kaufen. Ludwig der 14. hat nicht so gut gelebt!“ Sprich, die wahre richtige Definition der Armut sollte sein „besitzt die Kleider, die er trägt und sonst nichts und ist permanent an der Grenze zum Kaloriendefizit“.
Ich habe mal eine gute Definition von Armut und Reichtum als Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gelesen. Arme können halt kaum was machen und Reiche sich alles gönnen und trotzdem Sparen. War von ner Soziologin, Artikel finde ich nur nicht mehr.
Find ich auch als Urbanisierungs-Ultra deswegen eine brauchbare Definition, weil diese Definition Zersiedelung, Single-Use-Development und autozentrierte Infrastruktur durch ihre Zugangsbehinderungen als Armutsquellen bzw. Gesamtwohlfahrtskostenfaktoren identifiziert.
Es ist Focus, was erwartest du? Bei dem Hetzblatt Inkompetenz zu unterstellen ist schon eher gewagt, Vorsatz halte ich da für wahrscheinlicher.
Korrekt. Der Median richtet sich nach der Anzahl der Menschen, die mehr oder weniger verdienen, aber nicht nach der Höhe von deren Einkommen. D.h., dass gerade diese Kennzahl weit weniger durch wenige Spitzenverdiener beeinflusst wird als z.B. der Durchschnitt.
Und wenn sich wirklich alle Gehälter verdoppeln, passiert das wahrscheinlich auch mit den Preisen (vor allem Mieten), also ändert das nichts daran, wer arm ist.
Nicht alle Preise würden sich verdoppeln. Und Mieten erst recht nicht, deren Anstieg werden zum einen durch gesetzliche Regelungen begrenzt und nur weil sich das Gehalt magisch verdoppelt, verdoppeln sich irgendwelche Raten zur Kreditabzahlung nicht.
Generell macht der Anteil des Gehalts an Preisen je nach Gut einen unterschiedlichen Anteil aus und der ist teilweise unerwartet klein.
nur weil sich das Gehalt magisch verdoppelt, verdoppeln sich irgendwelche Raten zur Kreditabzahlung nicht.
Deswegen kommt der Effekt bei Dingen wie Immobilien(-krediten, Mieten) verzögert, weil der Bestand natürlich günstiger angeschafft wurde, aber er bleibt deswegen nicht aus. Baukosten für neue Immobilien und damit auch Kreditsummen steigen natürlich, wenn sich alle Löhne verdoppeln würden.
Die gesetzliche Regulierung der Mieten existiert schon heute in manchen Städten nur auf dem Papier bzw. wird umgangen. In einem Umfeld, in dem sich alle Löhne, und damit auch Baukosten, in diesem Ausmaß erhöhen, würde, wenn die Regulierung nicht fällt, dann einfach nicht mehr gebaut. Die Alternative zu steigenden Preisen wäre dann noch stärkeres Unterangebot.
Generell macht der Anteil des Gehalts an Preisen je nach Gut einen unterschiedlichen Anteil aus
In einem realistischen Umfeld stimmt das. Das Argument funktioniert aber nur, wenn nicht alle Löhne steigen. Man schreibt "Transportkosten", und tut so als seien das nicht die Einkommen von Fahrern und Disponenten. "Rohstoffkosten", und tut so, als seien das nicht die Einkommen von Bergarbeitern. Am Anfang der Lieferkette sind irgendwann alle Kosten Lohnkosten.
Alles, was als "Kommentar", "Meinung" oder dergleichen gekennzeichnet wird, ist grundsätzlich mal sehr kritisch zu betrachten und ist oft astreine Propaganda. Mal ists raffinierter, mal unterirdisch wie hier. Macht nichts, das Zielpublikum wird trotzdem erreicht. Steter Tropfen und so.
Meinungen können auch stichhaltig sein.
Im Focus halt nicht, aber grundsätzlich zumindest schon.
Und um auf die Ursprungsfrage einzugehen: Was soll das denn sein, absolute Armut? Wenn in einer Gesellschaft alle arm sind, gleicht sich die Armut wieder aus. Vielleicht kann man sich nicht soviele tolle Sachen leisten und kocht zu Hause mit selbst angepflanztem Gemüse. Aber die soziale Teilhabe ist für alle gegeben und darauf kommt es an. Also selbstverständlich sinkt die Armut in einer Gesellschaft, wenn die Millionäre das Land verlassen!
Absolute Armut ist gegeben wenn durch die Armut das physische Überleben gefährdet wird. Sprich, man kann sich Nahrung, Unterkunft, und Kleidung nicht mehr leisten. Für die ist es egal wieviele Millionäre im Land sind.
Relative Armut herrscht wenn die Grundbedürfnisse zwar gedeckt sind aber die Leute von der üblichen Lebensweise ausgeschlossen sind.
In Deutschland gibts kaum noch absolute Armut, von daher wird relative Armut als "Armut" bezeichnet. Und der Autor von dem Artikel mag das nicht weil keine Ahnung. Er will dass wir nur absolute Armut als Armut bezeichnen. Keine Ahnung was sein Plan für relative Armut ist. Vermutlich ist ihm das egal und die Leute sollen froh sein dass sie nicht in absoluter Armut leben.
Ich würde jetzt argumentieren, dass auch die von dir beschriebene absolute Armut durchaus relativ ist, da der Grund dafür nicht eine Ressourcenknappheit ist, sondern letzten Endes eine Verteilungsfrage. Semantisch gesehen bedeutet "absolut" nicht "extrem relativ" sondern ist eine eigene Kategorie die nicht mit ersterer vergleichbar ist. Diese Begrifflichkeit dient schlussendlich auch dazu, den Status Quo zu zementieren, da Armut im Narrativ mit "selbst verschuldet" übersetzt wird, während z.B "Not" sich auf das Leid fokussieren würde.
Ding ist ja eben, dass bei vielen Millionären eben nicht das Gehalt das Vermögen ausmacht.
Ich hab ja die Hoffnung, dass diese Erkenntnis, ähnlich wie das Wissen ums ETF-Investieren in den Mainstream einsickert. Das hat schließlich auch in einschlägigen Foren bspw. auf der kommzeriellen Social-Media-Plattform "Reddit" geköchelt, bevor es zum Spillover in die Jugendkultur kam. Könnte mit dem Bewusstsein um die Einkommens-Vermögens-Dichotomie ja genauso laufen.
Wir wissen doch alle, dass der Focus nur zu einem zu gebrauchen ist.
Focus halt
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